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TEXT   Christiane Stoltenhoff

Mit den Sinnesorganen des Menschen ist das so eine Sache: Augen, Ohren, Nase und Haut sind ständig auf Empfang und selbst die Zunge fängt permanent neue Eindrücke ein. Abschalten? Schwierig. Diese Alltäglichkeit sinnlicher Wahrnehmungen heißt aber keineswegs, dass es sich nicht lohnt, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und sich Gedanken darüber zu machen, wie sich Reize für die Sinnesorgane im Alltag bewusst gestalten lassen. Bestes Beispiel: der Garten.

Sehen

Praktisch alles, was im Garten zum Einsatz kommt, hat einen optischen Effekt. Die Kunst besteht darin, Gartenbilder so zu komponieren, dass sie sowohl eine gute Fernwirkung haben als auch in der Detailansicht überzeugen. Und das liegt nicht nur an den eingesetzten Farben, auch Formen, Materialien und Proportionen müssen harmonieren, um das Auge zu überzeugen. Bei der Planung optischer Effekte ist es auch wichtig, sämtliche Jahreszeiten im Blick zu haben und den Garten aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Und zu den Zeiten, in denen der Mensch eigentlich nichts sieht, kann eine wohl durchdachte Gartenbeleuchtung dafür sorgen, den eigenen Garten von einer ganz anderen Seite kennen zu lernen.

Hören

Viele Menschen assoziieren mit dem Idealbild eines Gartens vollkommene Stille. Doch wer einmal genau hinhört, merkt, dass die Natur voller Geräusche ist. Bienen summen, Blätter rauschen im Wind, Kies knirscht unter den Füßen, Herbstlaub raschelt, Wasser plätschert. Solche „Geräuschquellen“ lassen sich bewusst in einen Garten einbauen, etwa in Gestalt einer Trauerweide oder einer Pappel, in deren Laub der Wind sein Spiel treiben kann. Wer Buddleia, Lavendel oder Fingerhut pflanzt, kann mit vermehrtem Bienen- oder Hummelflug rechnen. Und für plätscherndes Wasser braucht man kein Seegrundstück zu besitzen: Ein stilvolles Wasserspiel passt in den kleinsten Garten. Doch Obacht: Bei der Planung eines Wasserelements sollte man sorgsam in sich hineinhören, denn nicht jeden beruhigt plätscherndes Wasser. Je nach Lage des Grundstücks ist ein gezieltes „Sounddesign“ für den Garten ein echter Gewinn, lassen sich damit doch störende Umgebungsgeräusche wie Verkehrslärm in den Hintergrund drängen oder gar ganz ausblenden.




Riechen

Blüten punkten natürlich nicht immer nur mit ihren optischen Qualitäten. Sie können auch Wohlgerüche in den Garten bringen. Doch müssen Duftpflanzen für den Garten sorgsam zusammengestellt werden, damit die Aromen sich ergänzen, nicht überlagern oder gar ein Zuviel an Duft den gewünschten Effekt zunichtemacht. Schön und aromatisch sind zum Beispiel Pfingstrose, Malve, Katzenminze oder Phlox, von vielen Rosensorten gar nicht zu reden.

Da Duft vor allem dann wahrgenommen wird, wenn man sich in der Nähe der Duftquelle befindet, sollte diese so im Garten platziert werden, dass man bei ihr verweilen kann, etwa, indem man einen Sitzplatz mit Duftpflanzen einfasst. Manch eine Pflanze wird übrigens erst durch äußere Reize zum Duftlieferanten, etwa bei Berührung oder wenn die Sonne sie bescheint. Und es sind natürlich bei weitem nicht nur Blüten, die einen Garten aromatisieren: Kräuter bringen herbere Noten in den Duftcocktail, reife Früchte sorgen für Süße. Besonders raffiniert: Einige Pflanzen wie die Levkoje oder die Nachtkerze entfalten ihre Aromenfülle erst nach Einbruch der Dunkelheit. Ach ja: der für viele Menschen schönste Duft aus dem Garten ist übrigens der von frisch gemähtem Gras.

Schmecken

Wer sich in seinem Garten auf geschmackliche Erlebnistour begeben möchte, kann aus einem wahren Füllhorn auswählen: Obst, Gemüse, Kräuter und sogar Blüten und Unkraut lassen sich auf den Speiseplan setzen. Um in diesen Genuss zu kommen, muss man beileibe keinen Bauerngarten anlegen. Ein paar Beerensträucher hier, ein Obstbaum dort und ein Kräuterkasten da – schon steht der kulinarischen Reise durch den Garten nichts mehr im Wege. Neben dem klassischen Apfelbaum, der mitten auf der Wiese steht, kommen gerade in kleinen Gärten heute vermehrt Spalierobstbäume zum Einsatz. Die liefern zwar eine kleinere Ernte, brauchen aber auch weniger Platz. Und Gehölze wie die Felsenbirne sind echte Multitalente: Ihre Früchte sind schmackhaft und dekorativ zugleich, lassen sich direkt vom Baum essen, aber auch gut einkochen – und wer keine Zeit für die Ernte hat, überlässt sie einfach den Vögeln.

 

Fühlen

Das Fühlen lässt sich im Garten ähnlich universell anregen wie das Sehen, weil man nahezu alle Elemente, die sich hier finden, nicht nur sehen, sondern auch anfassen oder begehen kann. Gezielte Anregungen für den Tastsinn bringen zum Beispiel Blätter mit feinen Härchen oder der Griff in feuchte Erde. Bodenbeläge sollten immer auf ihre Barfußtauglichkeit hin überprüft werden, denn der Gang durch den Garten ohne Schuhe ist für viele essentieller Bestandteil des Gartenvergnügens. Rasen kitzelt unter den Füßen, Holz fühlt sich stets warm an, Beton- und Naturstein heizen erst nach und nach auf, geben ihre Wärme dann aber auch nur ganz allmählich wieder ab, was sie in den Abendstunden nicht nur für Barfußläufer attraktiv sondern auch zu einem guten Material für Mauern hinter Sitzplätzen macht. Doch nicht nur das Material an sich sorgt für den Sinneseindruck: Auch seine Bearbeitung trägt dazu bei, wie es sich anfühlt: glatt, rau, unregelmäßig? Wer sich ohne Decke auf den Rasen legt oder in eine eigene Schwimmgelegenheit eintaucht, kann seinen Garten endgültig mit dem ganzen Körper erfühlen.

 

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