Es soll immer noch Menschen geben, die beim Stichwort Gräser nur an einen sattgrünen, kurz geschorenen Rasen denken und diese Pflanzengruppe ansonsten als Unkraut betrachten. Dabei bereichern Gräser den Garten gerade gegen Ende der Saison und lassen sogar die Ohren an der neuen Sinnlichkeit im Beet teilhaben.
Den Frühling und Sommer über halten sie sich bescheiden im Hintergrund und fungieren wie eine Leinwand auf der die Blütenpracht der Stauden besser zur Geltung kommt. Doch sobald die Sonne etwas tiefer am Horizont steht und eine leichte Brise weht, werden aus Randfiguren Hauptdarsteller. Das milde Licht lässt die zarten Blütenstände schimmern, und wenn der Herbstwind durch die Halme streift, hört es sich fast so an, als läge der Garten am Meer. Wer sich auf die filigrane Leichtigkeit der Gräser einlässt, möchte sie nicht mehr missen und sorgt dafür, dass der Garten auch zum Ausklang der Saison sehenswert bleibt. Dabei machen Gräser wenig Arbeit. Wer die jeweilige Art an den richtigen Standort pflanzt, braucht das Gras nicht zu „päppeln“ und auch von Schnecken bleibt diese Pflanzengruppe meist verschont.
Gräser als Modepflanzen zu bezeichnen, wäre allerdings Unsinn. Lange bevor es Menschen gab, besiedelten diese einkeimblättrigen und nicht verholzenden Pflanzen mit zumeist langen Halmen unseren Planeten. Sie sind echte Pioniere und gedeihen auch an schwierigen Standorten, die vielen anderen Pflanzen zu feucht oder zu trocken wären. Und ein unumstrittener Fachmann wie der auch als Gartenphilosoph bekannte Staudenzüchter Karl Foerster (1874-1970) bezeichnete Gräser schon 1950 als „das Haar der Mutter Erde“ und sein letztes, erstmals 1957 erschienenes Buch hieß „Einzug der Gräser und Farne in die Gärten“. Roland Lütkemeyer, Gärtner von Eden in Gütersloh füllt diesen Titel mit Leben und vereint beide Pflanzengruppen zuweilen in einem Beet: „Im Halbschatten kombiniere ich gerne ein Gras wie die Schneemarbel mit dem Trichter-Farn. Das ist zwar nicht unbedingt typisch, weil ich Gräser meist an sonnige Plätze setze, aber da sieht man, wie vielfältig diese Pflanzengruppe ist.“
Für fast jeden Standort gibt es die passende Art. Kein Wunder, dass auch andere Profis auf Gräser setzen. Neu ist bestenfalls, dass auch ihre Kunden verstärkt danach fragen. Hans-Peter Frick, Gärtner von Eden aus Oberbüren in der Schweiz: „Wir haben schon immer Gräser gepflanzt. Allerdings kommt die Ausstrahlung der Gräser bei den meisten Menschen mittlerweile besser an.“ Anne Gottfried, Gartengestalterin aus Untersiemau in Oberfranken bestätigt den Trend zu den Halmen: „Ja, die gesteigerte Nachfrage gibt es. Ich muss heute keine Überzeugungsarbeit mehr leisten.“