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TEXT   Stefanie Syren

Stauden im XXL-Format verleihen dem Garten das gewisse Etwas. Wer die richtigen Gewächse ins Beet bittet, wird Spaß daran finden, mit Pflanzen ausdrucksstarke Bilder zu malen, die nichts mit Gigantismus zu tun haben.


Christin Kauermann
»Fast alle Riesenstauden bilden sich erst spät zur vollen Größe aus und prägen somit meist bis in den Winter hinein die Rabatten.«

Je höher desto besser? Das klingt wenig bescheiden, aber um Größe um der Größe willen geht es hier gar nicht. Wer hochwachsende Stauden einsetzt, möchte damit das Beet ergänzen und keineswegs den anderen Akteuren die Show stehlen. Mit großen Stauden sind hier jene gemeint, die in einer Saison 150 Zentimeter und höher wachsen. Und die können den Garten bereichern, ohne die etwas kleineren Gewächse zu dominieren.

Wie in einem Orchester kommt es auf das abgestimmte Miteinander an und der eine oder andere Paukenschlag wirkt auch im Garten durchaus belebend. Die Größe der Staude allein genügt aber noch nicht, um einem Beet Ausdrucksstärke zu verleihen. Erst die ausgewogene Komposition macht aus scheinbaren Solisten mannschaftsdienliche Ensemblemitglieder.

Herausragende Qualitäten

Wann ist ein Staudenbeet harmonisch und ausgewogen? Ein Merkmal wie die Farbe der Blüte fällt auf, doch es wird meist überschätzt. Eine noch so reich blühende Rabatte wirkt langweilig, wenn die belebende Struktur fehlt. Und genau die schenken uns hoch hinaus strebende Stauden. Jörg Herrhammer, Gärtner von Eden aus Heimenkich im Allgäu, setzt Gewächse im XXL-Format gezielt ein: „Ich nutze Riesenstauden als Gerüstbildner im Beet. Manchmal pflanze ich sie auch als Hintergrund, damit die anderen Stauden besser zur Geltung kommen.“ Ihre Funktion als stabiles Rückgrat einer Pflanzung kommt oft erst gegen Ende der Saison zum Tragen. Doch gerade dann ist die Riesenstaude besonders wertvoll, findet Christin Kauermann, Gartengestalterin bei Esken und Hindrichs in Leichlingen: „Fast alle Riesenstauden bilden sich erst spät zur vollen Größe aus und prägen somit meist bis in den Winter hinein die Rabatten.“

Der Trend zu Gärten, die das ganze Jahr über attraktiv sind, rückt die Riesenstauden ins Rampenlicht. Wobei dieses Licht im Herbst und Winter das der tief stehenden Sonne ist. Die Samenstände oder von Raureif überzuckerten Blätter und Halme der Großstauden glitzern dann und wirken wie vom Frost gekrönte Skulpturen. Dabei präsentieren Riesenstauden sich vielfältig und zwar schon lange bevor es kalt wird: Die Giraffenskabiose (Cephalaria gigantea) wird über zwei Meter hoch und wirkt dennoch filigran. Ihre cremefarbenen Blütenköpfe sitzen auf langen dünnen Stielen und scheinen über den übrigen Stauden zu schweben.

Ganz anders das Chinaschilf (Miscanthus sinensis) ‘Malepartus’, das ebenfalls um die zwei Meter Höhe erreichen kann: Es wächst zu dichten Horsten heran und fungiert wahlweise als imposanter Solitär oder als Hintergrund für die anderen Darsteller in der Rabatte. Sogar als Sichtschutz kann das Chinaschilf eingesetzt werden, wobei es erst ab Juli vor neugierigen Blicken schützt und daher keine Alternative zu einer immergrünen Hecke darstellt. Überhaupt ist es ja gerade der Wandel, der den Reiz der Riesenstauden ausmacht: In nur einer Saison recken sie sich meterhoch Richtung Himmel und fangen nach dem Rückschnitt im Spätwinter oder Frühjahr wieder ganz von vorne an.

Lieblinge und Verschmähte

Nicht alle Großstauden eignen sich gleichermaßen für den Einsatz im Beet. Aber im Laufe der Jahre haben sich einige Arten so gut in der Praxis bewährt, dass auch die Profis gerne zu ihnen aufschauen. Bianka Reimann, Gartengestalterin bei Josef Pötter in Gronau, pflanzt gerne den Purpurdost (Eupatorium fistulosum) der Sorte ‘Riesenschirm’: „Diese Pflanze lockt mit ihren großen Blütendolden viele Bienen und Schmetterlinge an, und es ist natürlich schön, wenn ein Gewächs nicht nur toll aussieht, sondern nebenbei auch noch Leben in den Garten holt.“ Der Purpurdost steht auch bei den anderen Profis hoch im Kurs, Christin Kauermann empfiehlt außerdem die Wiesenrauten-Hybride (Thalictrum) ‘Elin’. Mit ihren filigranen Blütenwolken erreicht sie eine Höhe von bis zu zweieinhalb Metern. Und wer gerne sonnengelbe Blüten mag, wird Gefallen an einem der Favoriten von Florian Herrhammer finden: Er pflanzt hin und wieder den Riesen-Alant (Inula magnifica), der durchaus zwei Meter hoch wachsen kann.


Matthias Pötter
»Der Purpurdost lockt mit seinen großen Blütendolden viele Bienen und Schmetterlinge an.«

Manchmal verweigern die Profis einem Giganten die Gefolgschaft – auch wenn er mit bauschigen Blüten und den an Feigen erinnernden Blättern zweifellos eine Augenweide ist. Den Federmohn (Macleaya microcarpa) würde Jörg Herrhammer jedenfalls nicht kommentarlos in einen Garten pflanzen: „Er bildet viele Ausläufer und gehört zu jenen Staudenriesen, die tatsächlich andere überwuchern und mit der Zeit aus dem Beet drängen.“ Wer ihn wegen seiner unbestrittenen optischen Qualitäten trotzdem ins Beet bitten möchte, sollte ihn mit einer Rhizomsperre einpflanzen lassen.

Gewusst wo

Natürlich müssen auch die empfehlenswerten Riesen an einen Standort gepflanzt werden, der ihnen behagt. Viele Großstauden gedeihen am besten in voller Sonne. Werden sie trotzdem an einen halbschattigen oder gar schattigen Platz gesetzt, wirken sie alles andere als eindrucksvoll, kümmern und knicken um. Sonnenkinder gehören einfach nicht in den Schatten, zumal es genug Alternativen gibt, erzählt Florian Herrhammer: „Der Wald-Geißbart (Aruncus dioicus) oder die Silberkerze (Cimicifuga racemosa) gedeihen gut im Schatten. Und natürlich das Schaublatt (Rodgersia henrici). Das habe ich auch in meinen eigenen Garten gepflanzt.“ Größe können Stauden also an unterschiedlichen Standorten zeigen. Und die Standfestigkeit kann mit ganz natürlichen Mitteln gefördert werden. Christin Kauermann setzt auf gute Teamarbeit der Pflanzen im Beet: „Die passenden Begleiter sind wichtig für die Großstauden. Sie stützen die Riesen und kaschieren die oftmals kahlen unteren Triebe.“ Die Blütenköpfe der Giraffenskabiose könnte man zum Beispiel über einem Meer aus Gräsern wie der Ruten-Hirse (Panicum virgatum) förmlich tanzen lassen.

Erlaubt ist, was gefällt und gedeiht. Und das muss Jahr für Jahr ausprobiert, sprich gepflanzt werden. Bianka Reimann möchte in der nächsten Saison zwei neue Kandidaten testen: „Ich würde gerne den Kandelaber-Ehrenpreis einsetzen. Oder vielleicht die Stauden-Sonnenblume, da gefällt mir die Sorte ‘Lemon Queen’ sehr gut. Oder ich pflanze einfach beide zusammen.“ Eine gute Idee für ein sonniges Beet, denn zumindest theoretisch müssten sich die hohen Blütenlanzen des Kandelaber-Ehrenpreises (Veronicastrum virginicum) und die sternenförmigen, pastellgelben Blütensterne der Stauden-Sonnenblume (Helianthus microcephalus) gut ergänzen. Wenn sich die Kombination auch in der Praxis bewährt, könnten beide demnächst Seite an Seite in den Gärten der Kunden von Josef Pötter wachsen.

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