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TEXT   Christiane Stoltenhoff

Manchmal braucht es wirklich viel Vorstellungskraft, um das Potential eines Hauses und des dazugehörigen Gartens zu erkennen. Doch wer die hat, kann kleine Wunder vollbringen und wie in diesem Fall aus einem heruntergekommenen und seelenlosen Ensemble eine wunderbare Oase erstehen lassen.

Geht es unspektakulärer? Das Haus: Roter Klinker, weiße Kunststofffenster und -rollläden, rechtwinklig, reizlos. Der Garten: ein viereckiges Stück Wiese, holprig verlegte Terrassenplatten, in deren Fugen das Unkraut wuchert, ein schmuddeliger Unterstand, ein schmales Beet. Beides zusammen in die Jahre gekommen und in letzter Zeit arg vernachlässigt, trostlos.

Doch tatsächlich gab es zwei Menschen, die bei der Besichtigung von Haus und Garten hinter dem Münsteraner Schloss in diesem Inbegriff des 60er-Jahre-Einerleis Potential erkannten. Das Paar war auf der Suche nach einem neuen Domizil in seiner alten Heimat, wohin es nach dem Eintritt in den Ruhestand zurückkehren wollte. Lage und Größe gefielen auf Anhieb und offenbar verfügten die beiden über reichlich Vorstellungskraft. Denn sie kauften das Haus, und es gelang ihnen, aus einem in die Jahre gekommen 08/15-Ensemble ein stilvolles, individuelles, heimeliges und absolut zeitgemäßes Domizil zu machen.

Vollkommen neu erfunden

Ist das wirklich das gleiche Haus? Man reibt sich verwundert die Augen, wenn man Bilder von vor und nach der Umgestaltung nebeneinanderlegt. Aus dem rostroten Klinkerbau wurde ein strahlendweißes Landhaus mit großzügigen Sprossenfenstern, und das gesichtslose Grundstück verwandelte Gartengestalter Michael Daldrup aus Havixbeck in einen perfekt auf den neuen Charakter des Hauses abgestimmten Genießergarten.

Mehr Platz für Grün

Die Garage, die ursprünglich frei neben dem Haupthaus stand, musste weichen, und die durch den Abriss freigewordene Fläche wurde dem Garten zugeschlagen. Eine durchgehende Rasenfläche und geschickt platzierte Beete sorgen dafür, dass der Eindruck entsteht, der Garten habe sich selbstverständlich schon immer auch neben dem Haus erstreckt.

Drinnen? Draußen? Schön!

Der überdachte Sitzplatz in Verlängerung des Anbaus brachte mit seinem offenen Kamin und dem Fenster Richtung Garten gute Anlagen mit, die allerdings unter Staub und Patina nur noch schwer zu erkennen waren. Nach der Renovierung findet sich hier ein lichtdurchfluteter, und einladender Sitzplatz für Regenwetter, allzu sonnige und – dank des renovierten offenen Kamins – die Abendstunden. Weiße Farbe für die Wände, eine Vergrößerung des Fensters Richtung Garten und ein Spiegel an der Rückwand sorgen für eine enorme optische Vergrößerung.

Mitten im Grünen

Diesem Garten sieht man gleich an: Hier wohnen Menschen, die Pflanzen lieben. So wünschten sich die Bauherren auch, inmitten eines Pflanzenmeeres sitzen zu können. Deshalb legte Michael Daldrup ein zentrales Beet im Winkel zwischen Haupthaus und Anbau an. Gleich drei Sitzplätze gruppieren sich um dieses herum, so dass es nach Herzenslust und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden kann. Weitere Beete rahmen die Terrasse vor dem Anbau, die Hausecke und das Grundstück selbst ein. Dank vielfältiger, aber einheitlicher Bepflanzung ergibt sich ein zugleich abwechslungsreiches und überaus harmonisches Pflanzenbild. Lavendel und Rosen setzen Farb- und Duftakzente, die sich von den Sitzplätzen aus wunderbar wahrnehmen lassen, Frauenmantel Storchschnabel und Katzenminze vervollkommnen die Blütenpracht. Ein Kirschbaum ist luftiger Schattenspender und optischer Bezugspunkt gleichermaßen. Gerade einmal ein halbes Jahr nach der Fertigstellung sah der Garten so aus, als sei er schon Jahre alt, weil sich die Besitzer für große Pflanzen entschieden. Schließlich wollten sie so schnell wie möglich das Gefühl bekommen, in einem eingewachsenen Garten zu sitzen.

Aus alt macht schön

Bei aller Reizlosigkeit fand sich in dem alten Garten doch das eine oder andere, das zu bewahren sich lohnte: Die Terrassenplatten aus Naturstein wurden sorgfältig aufgenommen, gereinigt und als Bodenbelag für die Terrassenflächen unmittelbar am Haus in das neue Gartenkonzept integriert. Auch die wunderbar verwitterte steinerne Vogeltränke und die Hortensien, die sie einrahmen, wechselten mit dem Haus den Besitzer. Gemeinsam fanden sie einen neuen Standort im halbschattigen hinteren Teil des Grundstücks und kreieren dort eine romantisch verwunschene Stimmung.

Verweilen und genießen

Zum Konzept eines Genießergartens gehört es, seinen detailverliebten Besitzern viel Abwechslung bei Formen, Farben und Materialien zu bieten. Damit sie diesen Detailreichtum auch hautnah erleben können, sorgen mehrere Sitzplätze für unterschiedliche Verweilmöglichkeiten und bescheren gleichzeitig anregende Perspektivwechsel. In diesem Garten sind es ganze fünf. Klassisch sind die Hauptterrasse am Haus und der Terrassenstreifen vor dem Anbau. Mitten in den Garten führt den Genießer dann Sitzplatz Nummer drei. Den legte Michael Daldrup als kleine Splittfläche zwischen Beeten und Rasen an und gab ihm damit einen informellen Charakter. Im hinteren Gartenteil entstand zudem ein heimeliges Plätzchen, das von Grün gerahmt wird und auch dank der bepflanzten Fugen zwischen den Bodenplatten den Eindruck erweckt, ganz von der Natur eingehüllt zu sein. Und schließlich ist da ja noch der schon erwähnte überdachte Sitzplatz, der wie ein zum Garten geöffnetes Zimmer wirkt.

Die Wahl der Gartenmöbel unterstreicht den Charakter des jeweiligen Sitzplatzes perfekt: Bequem und stabil sind sie dort, wo die großformatigen Steinplatten zum Einsatz kamen, unter dem Dach, am unmittelbaren Übergang zum Haus, haben sie fast Wohnraumcharakter und auf der Splittfläche sind sie ebenso filigran wie das Material des Bodenbelags.

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