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TEXT   Stefanie Syren

Den Blick auf einem Beet ruhen lassen – das soll Freude machen und zwar das ganze Jahr. Gartenprofis sehen es als eine ihrer Kernaufgaben an, dieses zugegeben hoch gesteckte Ziel zu erreichen. Doch wie inszeniert man Schönheit im Wandel der Jahreszeiten immer wieder neu?

Bilder, die man mit Pflanzen malt, sind vergänglich und der stete Wandel ist die einzig verlässliche Konstante im Beet. Sehenswert kann es aber in jedem Monat sein. Das Blütenfeuerwerk, das viele Rabatten ab dem späten Frühling zünden, lässt sich im November zwar nicht zu einer Zugabe zwingen, doch die Blicke lassen sich auch im Herbst lenken – dann auf andere Darsteller, die sich sonst in vornehmer Zurückhaltung üben und das Zepter zu gegebener Zeit wieder aus der Hand geben.

Die Mischung macht es

Gut komponierte Beete vereinen die Stärken der unterschiedlichen Pflanzen zu einem großen Ganzen. Von Gehölzen, die dem Beet ein ganzjährig tragendes Rückgrat verleihen, über die grüne Leinwand aus Blattschmuckstauden bis hin zu den manchmal spektakulären Auftritten der Blütenpflanzen. Das Beet wird zur Bühne für die wechselnden Darsteller. Und wie jeder gute Regisseur muss auch der Gärtner seine Schauspieler in all ihren Facetten kennen. Was blüht wann und wie lange? Welche Pflanze treibt früh aus und welche eher spät? Welche Wuchsform hat sie? Wird sie den Boden bedecken? Die Antworten kennt Ulrich Heft, Gärtner von Eden aus Roßwein bei Dresden, aufgrund seiner jahrelangen praktischen Erfahrung und plant Beete systematisch: „Ich denke von groß nach klein und überlege, wie lange die jeweilige Pflanze den Garten prägen wird. Deshalb wähle ich die Gehölze zuerst aus, danach die größeren Stauden und Gräser und zum Schluss die Begleiter und Pflanzen, die im Beet nur kurze Zeit zu sehen sind.“ Jede Pflanze hat ihre eigenen Qualitäten. Diese zu erkennen und zu betonen, ist für den Gartengestalter ein komplexer, aber auch sehr schöner Teil seiner Arbeit.


Ulrich Heft
»Ich denke von groß nach klein und überlege, wie lange die jeweilige Pflanze den Garten prägen wird.«
Tulpen gehören zu den Stars des frühen Frühjahrs – dank einer enormen Formen- und vor allem Farbenvielfalt
Gehölze als Gerüst

In manchen Monaten wird die tragende Grundstruktur aus Gehölzen kaum beachtet, zum Beispiel wenn im Mai viele Stauden in voller Blüte stehen und die Blicke auf sich ziehen. Wertvoll sind sie aber jederzeit, auch für Jo Wietheger, Geschäftsführer von Wandrey Gärtner von Eden in Bad Bramstedt: „Ich setze gern Formschnittgehölze wie zum Beispiel Bonsai-Kiefern ein. Im Winter rücken sie in den Blickpunkt, aber sie sind auch sonst wichtig, weil sie für einen grünen Ruhepol im Beet sorgen.“ Immergrüne wie Zwerg-Kiefern, Stechpalmen oder Eiben zählen zu den klassischen Zutaten einer ganzjährig attraktiven Rabatte. Doch auch Gehölze, die ihr Laub abwerfen, prägen ein Beet zu jeder Jahreszeit. Ulrich Heft setzt gerne Hortensien ein: „Sie sind besonders wertvoll, weil sie ab dem Hochsommer aufblühen und sogar im verblühten Zustand und den ganzen Winter über für Struktur sorgen. Das sind Schmuckstücke, die monatelang Freude machen. Ich muss allerdings die richtigen auswählen, denn hier ist das Klima eher rau.“ Er setzt deshalb auf besonders robuste Exemplare wie die Sorten der Rispen-Hortensie (Hydrangea paniculata).​​

Wiedersehen macht Freude

Stauden gehören zu den Hauptdarstellern einer Rabatte – nicht nur zur Zeit ihrer Blüte. Sobald der Trieb aus der Erde spitzt, prägt die Pflanze das Beet – zum Glück findet Jo Wietheger: „Früher galt es als wichtig, dass immer etwas blüht. Mittlerweile ist die Wertschätzung für Stauden, die das Beet mit ihren Blättern schmücken, gestiegen. Gräser gehören für mich deshalb unbedingt dazu, wenn ich lang anhaltende Effekte erzielen möchte. Die meisten Gräser prägen das Beet über den Winter bis Februar mit ihren Halmen.“ Zurückgeschnitten werden sie erst im Frühjahr, um Platz für den Neuaustrieb zu machen. Neben Gräsern schätzt Wietheger auch die große Auswahl bei den Purpurglöckchen (Heuchera), die den Boden je nach Art das ganze Jahr über mit ihrem Blätterteppich überziehen und nebenbei im Sommer auch noch eine Blüte spendieren.

Die Blüte als nette Zugabe und nicht als wichtigstes Kriterium für einen Platz im Beet zu sehen, klingt komisch, ist aber für Profis wie Wietheger und Heft wichtig. Die wertvollsten Stauden sind nicht immer jene, die auffällig blühen. Rittersporn ist im Frühsommer sicher ein Hingucker – Fetthennen wie die Sorte ‘Herbstfreude’ prägen das Beet aber vom Frühling bis in den Winter, weil ihre Samenstände stehen bleiben können. Also kein Rittersporn mehr? Doch – sofern man beachtet, dass er das Beet nur kurze Zeit schmückt. Begleitstauden wie die diversen Storchschnabel-Sorten sorgen dafür, dass die Bühne auch vor, während und nach der Rittersporn-Blüte bespielt wird.


Jo Wietheger
»Die meisten Gräser prägen das Beet über den Winter bis Februar mit ihren Halmen.«

Mit dem ersten Frost werden die Auftritte im Beet naturgemäß dezenter. Ulrich Heft sieht das positiv: „Diese Zeit des Jahres bietet ja auch die Chance zur Ruhe und Einkehr, und ich lenke dann den Blick auf die Samenstände von Gräsern und Stauden. Dann ist die Struktur wichtiger als die Farbe.“ Zumal die ersten Krokusse schon im Spätwinter das folgende Spektakel der Zwiebelblumen ankündigen. Dass sich deren Laub nach der Blüte gelb färbt, stört nicht unbedingt: In einer professionellen Inszenierung betreten dann die Stauden die Bühne, kaschieren welke Blätter und prägen das Beet, während die Zwiebeln unauffällig in der Erde schlafen – bis zum nächsten Auftritt im Frühling.

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