Der Garten danach
Ein Garten ist nur etwas für Menschen mit viel Freizeit? Weit gefehlt. Der Trend geht zum Feierabendgarten, und wir zeigen, wie so ein Refugium angelegt sein muss, damit man auch mit Vollzeitjob ganz entspannt in den Genuss eines schönen Gartens kommt.
Wirft man einen Blick auf die Historie der Gärten, könnte man glatt ins Philosophieren kommen: Der Garten war schon immer ein Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen vom höfischen Gartenpomp bis zur Arbeitersiedlung mit Nutzgarten. Und im 21. Jahrhundert? Da ist der Garten natürlich längst demokratisiert und globalisiert. Erlaubt ist, was gefällt, mach- und finanzierbar ist. Und dennoch: Ein Blick über die Gartenzäune des Landes sagt eine Menge über die Lebenswirklichkeit der Menschen aus. An den Gärten lässt sich sowohl das immer knapper werdende innerstädtische Raumangebot als auch die wiedererwachte Liebe zum selbst Angebauten ablesen. Oder auch, dass die meisten Menschen immer weniger Zeit haben, ihren Garten zu pflegen.
Das heißt allerdings nicht, dass es hinter Hecken und Sichtschutzelementen wild vor sich hin wuchert. Vielmehr ist Pflegeleichtigkeit das Gartenwort des Jahrzehnts. Das kann Gartengestalter Oliver Ochsenfarth aus dem sauerländischen Schalksmühle nur bestätigen und erklärt diesen Wunsch aller Wünsche in bezug auf den eigenen Garten so: „Unsere Kunden arbeiten hart und wünschen sich als Ausgleich einen Garten, der wenig Ansprüche an sie stellt.“ Also weniger gießen und mehr genießen, könnte man sagen. Dem trägt moderne Gartengestaltung längst Rechnung. Heute ist ein grünes Refugium seinem Gartenbesitzer auf den Leib geschneidert, doch geht es da bei weitem nicht nur um das Zeitbudget, das dieser in den Garten investieren kann oder will, sondern auch um das Wie und vor allem Wann der Gartennutzung. Will sagen: Wer eine (Um)Gestaltung seines Gartens plant, sollte sich vor allem darüber Gedanken machen, was er jenseits der Terrassentür so alles machen möchte und zu welcher Tageszeit.

Gerade letzterer Punkt klingt zunächst ein wenig seltsam, denn wer an das Leben im Garten denkt, hat wahrscheinlich ganz automatisch von strahlendem Sonnenschein illuminierte Bilder vor Augen, fühlt vielleicht sogar die Sonnenwärme auf seiner Haut, das Summen von Hummeln im Ohr. Soweit die Postkartenidylle, die das Gartenleben klischeehaft irgendwo zwischen zehn Uhr morgens und dem späten Nachmittag ansiedelt. In der realen Welt ist das aber der Zeitabschnitt, in dem der überwiegende Teil der Gartenbesitzer gar nicht zu Hause, sondern am Arbeitsplatz ist. „Die Mehrheit unserer Kunden sind berufstätige Ehepaare“, bestätigt dann auch Ralf Grothe.
Der Gartengestalter aus Schwetzingen plant natürlich auch für Familien mit kleinen Kindern, aber die Phase, in der ein Elternteil zwecks Kinderbetreuung ganz zu Hause bleibt, ist in der Regel überschaubar. „Und das bedeutet: Viele Gartenbesitzer kommen zumindest unter der Woche erst ab dem späten Nachmittag dazu, ihren Garten zu nutzen“, bringt es Grothe auf den Punkt. Dieses Später-in-den-Garten-Gehen heißt im Übrigen nicht, dass die absoluten Nutzungszeiten schrumpfen. Vielmehr verlagert sich das Gartenleben zunehmend in die Abend- und Nachtstunden. „Es gibt definitiv eine Entwicklung hin zum Feierabendgarten“, konstatiert auch Oliver Ochsenfarth.


Wer erst in den Abendstunden dazu kommt, in den Garten zu gehen, will dort vor allem entspannen, weshalb sich der Pflegeaufwand in Grenzen halten sollte
Oliver Ochsenfarth: „Natürlich geht der Wunsch heute generell in Richtung pflegeleichter Anlagen. Und wer erst gegen Abend in den Garten kommt, hat einfach nicht mehr das Zeitfenster, intensiv in die Gartenarbeit einzusteigen. Da muss eine Anlage einfach pflegeleicht sein. Gleichzeitig wünsche ich mir mehr Mut zur Maloche. Ich habe das Gefühl, dass immer mehr Menschen – auch weil sie wenig Zeit haben – in der Angst leben, die Gartenarbeit nicht bewältigen zu können und deshalb auf absolute Pflegeleichtigkeit pochen. Dann sollte man sich vergegenwärtigen, wie inspirierend und erholsam die Arbeit im Garten sein kann und auch dieser direkte Umgang mit der Natur eine Möglichkeit ist, zufrieden und entspannt zu werden.“